Glauben: Repatriierung / back to Africa

Abb. 25: Ein Inschriftenstein aus Aksum (Die Inschriften sind in Griechisch, Sabäisch und Äthiopisch)

Ein wesentlicher Punkt, wenn nicht überhaupt das wichtigste Ziel in der Glaubenslehre des Rastafarismus ist der Glaube und die Hoffnung an die Repatriierung, d.h. die Rückkehr aller Rastas nach Afrika. Die von Marcus Garvey gegründete "Back-To-Africa"–Bewegung hält in dieser Form bis heute an. Alle Schwarzen, die in der Zeit des Kolonialismus aus Afrika fortgeschleppt wurden, sollen wieder nach Afrika, nach Äthiopien, in den Schoß der "Mama Africa" zurückkehren. Gleichsam den Israeliten sollen die Schwarzen der ganzen Welt wieder in ihre Heimat zurückkehren. Oft wird sogar gesagt, daß die Rastas die wahren Israeliten wären, und daß die Juden ihnen den Rang als "Gottesvolk" aberkannt haben. [[59]]

Hohelied 1, 5-6: Braun bin ich, doch schön, / ihr Töchter Jerusalems, / wie die Zelte von Kedar, / wie Salomons Decken. 6 Schaut mich nicht so an, / weil ich gebräunt bin. / Die Sonne hat mich verbrannt.

Hiob 30, 30a: Die Haut an mir ist schwarz.

Die Schwarzen wären die wahren Israeliten, die Auserwählten Gottes. Folgende Textstellen erklären dies recht gut. [[60]]

"Wir, die schwarzen Äthiopier, sind die erste Nation auf dieser Erde, die wahren Israeliten. Keine Nation als die unsrige lebt nach dem Willen Gottes, wir, die wahren Äthiopier folgen ihm nach, wir sind das Haus Gottes, das Haus Israel."

"Wir kommen von Äthiopien, von Zion! Keiner außer der schwarzen Rasse gehört zu Äthiopien. Wenn du schwarz bist, kommst du von Zion, aus dem heiligen Land Israels."

"Neben der Tatsache, daß die schwarze Rasse als die auserwählte gilt, geben die Rastas doch zu, daß viele Schwarze auch Sünder sind, aber die Art und Weise, wie sie dazu kamen, unterscheidet sich von der der Weißen. [...] Der weiße Mann zwang den schwarzen zur Sünde, weil er ihn in alle Arten des Bösen einweihte."

Nicht nur, daß die Weißen die Schwarzen aus dem Paradies, Afrika, entführt haben, haben sie sie auch alle Unarten und schlechte Dinge gelehrt. Wie kommen aber nun die Schwarzen dazu, zu behaupten, daß sie schwarze Israeliten wären? Der Grund dafür liegt einerseits darin, daß die Rastas Afrika als die Wiege der Menschheit ansehen, andererseits in einer Geschichte, die von der Begegnung zwischen der Königin von Saba, die eine Jemeniterin war, wahrscheinlich eine Sabäerin, und dem Israeliten Salomon handelt. Folgende ist nur eine von unzähligen Versionen der Geschichte, die Teil des Kebra Nagast (amharisch: Die Herrlichkeit der Könige), des äthiopischen Nationalepos, ist:

Abb. 26: Menelik mit der Bundeslade in Aksum

Die Königin von Saba stammte aus der Stadt Tegre, in der man damals einen Drachen verehrte. Als Opfergabe mußte jeder seine erstgeborene Tochter und Met und Milch geben, ein Mädchen - oft Eteyw Azeb genannt - wurde jedoch von sieben Heiligen gerettet. Verwundert darüber, daß Eteyw noch am Leben war, machten sie die Dorfbewohner zu ihrer Anführerin. Bald hörte sie von König Salomon, der in Jerusalem regierte, und sie wollte ihn kennenlernen. Als Mann verkleidet reiste sie mit ihrer Beraterin nach Jerusalem.
Salomon bewirtete sie, erkannte des Nachts, daß beide Frauen waren und schlief mit ihnen. Am nächsten Tag überhäufte er sie mit Geschenken, dananch fuhren sie wieder zurück nach Tegre. Sie gebahr einen Sohn namens Menelik, der letzten Endes nach Jerusalem fuhr, um seinen Vater zu sehen und dann doch durch einen Trick die Bundeslade stahl. Menelik reiste zurück in die Gegend Tegres und erbaute dort die Stadt Aksum.
(Für eine andere Version der Geschichte siehe auch [[61]])

Deshalb seien die Äthiopier schwarze Israeliten, und weil alle Schwarzen von den Äthiopiern abstammen würden, sollten alle Schwarzen zurück nach Äthiopien kommen (Verbindung mit Exodusgeschehen im AT). Wenn dann das Jüngste Gericht eintritt, müssen sich die Auserwählten zuerst stellen und haben bessere Chancen, in den Himmel zu kommen. Zuerst werden die Schwarzen geprüft, und wenn dann noch Platz ist, (da ja nur 144.000 nach Zion kommen,) dürfen sich alle anderen Rassen auch der Prüfung unterziehen. [[62]] Die meisten Rastas haben jedoch erkannt, daß diese Form von Repatriierung nicht mehr zeitgemäß und zu realisieren ist. Deshalb sehen die Rastas in der Repatriierung eigentlich die Abgrenzung von Haß, Neid, Babylon und allem Bösen.
Als Zeichen der Repatriierung haben sich die Farben Rot, Gold und Grün etabliert. Diese Farben stellen die Nationalflagge Äthiopiens dar. Rot steht dabei für das für die Freiheit vergossene Blut, Gold für die Heimatliebe und Grün für die Fruchtbarkeit des Bodens. [[63]]

"Fear is a state of nervousness fit for children and not men. When man fears a creature like himself he offends God in whose image and likeness he is created. Man being equal fears not man but God."
Ausschnitt aus einer Rede Marcus Garveys