Glauben: Gebrauch von Hanf

Abb. 20: Hanfblätter von Industriehanf

 

"Die Polizei hat mein Gras gefunden,
Aber ich muß nicht vor Gericht,
Weil sie das Beweismaterial
Selbst geraucht hat.
Ich nehm‘ kein Kokain,
Ich nehm‘ kein Crack,
Wenn ich rauche, dann nur Gras."

Gedicht aus Jamaika [[48]]

 

Schon an diesem Gedicht merkt man, wie verbreitet der Genuß von Hanf in Jamaika ist. Das cannabis sativa ist unter vielen Namen bekannt: Hanf, hemp, Gras, Kraut, weed, herb, dope, pot, Marihuana, Reefer, bhang, Stoff, Kiff sind nur die bekanntesten. In Jamaika ist Hanf aber eher bekannt unter Ganja / Gann-Jah, kan [[49]], tree of life, herb of wisdom, hail of the nations, lamb’s bread, collie, tampi, sensi, sensimilia, I-cence oder I-ley.
In der Zeitschrift "High Times", die sich hauptsächlich mit Hanf beschäftigt, wurden schon mehrmals Artikel über Rastafari publiziert [[50]], und schon allein daran merkt man die Wichtigkeit von Hanf für Rastafari.
Das Ganja, das meist direkt in Jamaika angebaut wird, kann man auf vielerlei Arten zu sich nehmen: als Tee ("Grastee"), als Gewürz zu Speisen, man kann es als "spliff" [[51]] rauchen, oder auch als Pfeife ("cup", "chalice", "cutchie" [[52]]). Man kann aus Hanf jede nur erdenkliche Art von wirklichen und Pseudoheilmitteln bereiten, man kann das Öl auspressen und dieses dann wieder auf unterschiedlichste Art verwenden, oder man kann das "weed" auch einfach nur essen und kauen. Aus Hanf kann man auch Öl, Farbe, Seife, Papier, vielerlei Getränke ("roots tonic"), Seile, Tücher und Stoffe, Waschmittel, und vieles anderes herstellen.
In Jamaika rauchen etwa 65 % der Erwachsenen und 80 % der Bevölkerung unter 21 Jahren Ganja regelmäßig. Somit ist der Anbau von Hanf, obwohl gesetzlich verboten, in Jamaika ein lukratives Geschäft. Oft sind es die Kleinbauern, die Ganja anbauen und es dann in der Stadt verkaufen. Die Regierung versucht zwar, mit Hilfe von Flugzeugen, die über den Hanffeldern Vernichtungsmittel versprühen, dem Treiben Einhalt zu gebieten, aber die Bauern finden immer wieder neue versteckte Anbauflächen.

Abb. 21: The Wonderful Ganja Tree Of Life: Was man alles aus Hanf machen kann. (Aus: Coptic Times)

Das Rauchen von Ganja während einer Meditation ist weit verbreitet. Es wird dann als "heiliges Gras" entweder als spliff oder in einer Pfeife geraucht. Dabei berufen sich die Rastas auf ein paar Bibelstellen, die man tatsächlich als Aufruf zum Rauchen von Hanf interpretieren könnte:

Genesis 1, 12 Das Land brachte junges Grün hervor, alle Arten von Pflanzen, die Samen tragen, alle Arten von Bäumen, die Früchte bringen mit ihrem Samen darin. Gott sah, daß es gut war. ... 29 Dann sprach Gott: Hiermit übergebe ich euch alle Pflanzen auf der ganzen Erde, die Samen tragen, und alle Bäume mit samenhaltigen Früchten. Euch sollen sie zur Nahrung dienen.

Exodus 3, 1-4 Da brannte der Dornbusch und verbrannte doch nicht. [... Da] rief Gott ihm aus dem Dornbusch zu [...]. 10-14: [...] Ich bin der Ich-bin-da [...]

Deuteronomium 11, 10: Denn das Land, in das du hineinziehst, um es in Besitz zu nehmen, ist nicht wie das Land Ägypten, aus dem ihr ausgezogen seid. Dort mußtest du, wenn der Same gesät war, den Boden künstlich bewässern wie in einem Gemüsegarten.

Deuteronomium 32, 10: Er fand ihn in der Steppe, / in der Wüste, wo wildes Getier heult. / Er hüllte ihn ein, gab auf ihn acht / und hütete ihn wie seinen Augenstern.

Psalm 104, 14: Du läßt Gras wachsen für das Vieh, / auch Pflanzen für den Menschen, die er anbaut, damit er Brot gewinnt von der Erde.

Psalm 18, 7-10: In meiner Not rief ich zum Herrn / und ich schrie zu meinem Gott. Aus seinem Heiligtum hörte er mein Rufen, / mein Hilfeschrei drang an sein Ohr. 8 Da wankte und schwankte die Erde, / die Grundfesten der Berge erbebten. / Sie wankten, denn sein Zorn war entbrannt. 9 Rauch stieg aus seiner Nase auf, / aus seinem Mund kam verzehrendes Feuer, / glühende Kohlen sprühten aus von ihm. 10 Er neigte den Himmel und fuhr herab, / zu seinen Füßen dunkle Wolken.

Sprichwörter 15, 17: Besser als Gericht Gemüse, wo Liebe herrscht, / als ein gemästeter Ochse und Haß dabei.

Offenbarung 22, 2: Zwischen der Straße und der Stadt und dem Strom, hüben und drüben, stehen Bäume des Lebens. Zwölfmal tragen sie Früchte, jeden Monat einmal; und die Blätter der Bäume dienen zur Heilung der Völker.

Das Christentum sieht diese Bibelstellen ganz anders [[53]]. Es vermutet nicht hinter jedem "Rauch" oder "Samen" den Rauch und Samen von Hanf, sondern je nach Situation den Atem Gottes oder den Samen für das Gute bzw. Getreide oder andere Pflanzen. Dadurch kommt Christen die Erwähnung dieser Bibelstellen in Verbindung mit Hanf etwas befremdlich vor.
Während der Meditation werden zusätzlich zum Rauchen von Cannabis meistens die Psalme 19, 35, 106 und 121 gebetet. Rastas wird das Rauchen von Ganja nicht aufgezwungen, aber als Rasta kommt man fast nicht umhin, Ganja in irgendeiner anderen Form zu sich zu nehmen, da man sonst Babylon unterstützen müßte, indem man andere "verseuchte" Produkte konsumiert. Beim Rauchen von Herb erfährt man angeblich eine "Erweiterung des Horizonts". So schreibt zum Beispiel Girma Gebre-Selassie über Ganja:

"Das Gras, auch als Ganja bekannt, ist ein Katalysator, ein Mittel und Weg, um den hellen Tag ins Zwielicht zu setzen. Das Ganja-Rauchen hat bei den Rastas einen sowohl inspiratorischen wie erhellenden Effekt. Sie fingen schon früh damit an, ihre Gedanken zur Heiligen Schrift auszutauschen und nach der Bedeutung des Heiligen Buches für ihr tägliches Leben zu forschen. Ganja ist die am stärksten geteilte Erfahrung unter den Brüdern." [[54]]

Ein wesentliches Detail ist übrigens, daß Rastas keine normalen Zigaretten rauchen sollten, denn diese sind erstens Gift für den Körper und zweitens Gift für die ausgebeutete Landbevölkerung in den Tabakanbaugebieten.

Im übrigen ist es in Jamaika verboten, Hanf zu rauchen, was bei Touristen, die das nicht beachten, schon einmal zu einer Verhaftung führen kann.